EL ROCIO – Der Wallfahrtsort
El Rocío, einer der bekanntesten Wallfahrtsorte Spaniens, befindet sich nordwestlich von Sanlúcar de Barrameda am Rande des Nationalparks Coto Doñana, Die Siedlung der Gemeinde Almonte gehört zur Provinz Huelva.
Der sehr malerisch gelegene, vollkommen auf Sand erbaute Ort versetzt seine Besucher in eine vollkommen andere Welt: Jenseits von Stress und Hektik fühlt man sich beim Spaziergang vorbei an Häusern mit hölzernen Veranden und Anbindepfosten für Pferde als durchstreife man eine teilweise verlassene Westernstadt.
Ein Großteil der Gebäude wird ausschließlich zur Wallfahrt El Rocio Anfang Juni genutzt, wenn bis zu eine Million Pilger den Ort bevölkern. Dieses Ereignis bildet auch die Haupteinnahmequelle für die Anwohner, wenngleich in den letzten Jahren die Zahl naturinteressierter Urlauber zunahm, die El Rocío als Basislager für Ihre Erkundung des Coto Doñana-Nationalparks nutzten. Abgesehen von der asphaltierten Hauptstraße am Ortsrand existieren ausschließlich Sandwege, auf denen man sich größtenteils zu Pferd, mit Kutschen oder Allradfahrzeugen fortbewegt. Selbst die in der Nähe der Kirche angesiedelten Geschäfte, die neben Reitzubehör, Taschen und Hüten auch Flamencokleider und Trachten zum Verkauf anbieten, verfügen oftmals nur über Sandboden, was den ursprünglichen Charakter des Ortes noch verstärkt. Direkt gegenüber der Wallfahrtskirche beginnen die Marismas – das riesige Feuchtgebiet, in dem noch heute halbwilde Pferde leben, die teilweise bis ins Dorf zu spazieren scheinen.
GESCHICHTE
Wie Ausgrabungen belegen, war die Gegend um „El Rocío“ bereits in der Altsteinzeit bewohnt. Später als Tartessos bekannt, siedelten hier nacheinander Römer, Westgoten und Araber, bevor König Alfons der zehnte (Alfons der Weise) das Gebiet eroberte.
Über den Ursprung der Jungfrau des Rocío gibt es mehrere Versionen. Eine Legende besagt: Zu Beginn des 15. Jahrhunderts fand ein Anwohner Almontes im Inneren eines nur schwer zugänglichen Waldes voller Dornengestrüpp im Gebiet la Rocina das Bildnis der Jungfrau. Unter großen Anstrengungen barg er es aus den Dornen und trat den Heimweg ins Dorf an. Als er nach einer Verschnaufpause von einem Nickerchen erwachte, war das Bildnis verschwunden. Einer Ahnung folgend, begab er sich zurück zum ursprünglichen Fundort, wo er tatsächlich fündig wurde. Die sogleich informierten Stadtvorsteher besuchten den Wald ebenfalls und kamen überein, dass die Jungfrau wohl diesen Ort bewusst gewählt hatte. Sie errichteten eine Wallfahrtskirche zu ihrem Schutz, die sie „Wallfahrtskirche der Jungfrau de las Rocinas“ nannten. Infolge des Erdbebens von Lissabon im Jahre 1755 wurde diese zerstört und musste neu aufgebaut werden. Im Jahre 1961 entschied man sich, eine den ständig steigenden Pilgerzahlen Rechnung tragende, größere Wallfahrtskirche zu bauen, und die heutige Ermita wurde 1969 eingeweiht. In deren Umfeld wuchs nach und nach die kleine Gemeinde El Rocío.
Die mit basilischem Grundriss angelegte Kirche besteht aus drei Kirchenschiffen, Querschiff und Hauptaltar im Stil des klassischen Barock. Über dem Eingang ist eine riesige Jakobsmuschel angebracht, welche von einem wunderschönen Glockenturm mit schmiedeeisernem Kreuz gekrönt wird und Pilger willkommen heißt.
WALLFAHRT
Die zu Fuß, zu Pferd und in prachtvoll geschmückten Ochsenkarren, neuerdings auch in Allradfahrzeugen aus allen Teilen Spaniens und Europas anreisenden Pilger begeben sich auf eine sehr fröhliche, oftmals aber auch anstrengende Wallfahrt. Viele von ihnen reisen durch den sonst für jeglichen Verkehr gesperrten Nationalpark Coto Doñana und über andere jahrhundertealte Pilgerwege an. Ihre Karawanen werden begleitet von Liedern und viel spanischer Feierlaune, und sie übernachten unter freiem Himmel.
Am Pfingstsamstag um 12:00 Uhr mittags stellen sich die Bruderschaften in Reihenfolge ihrer Gründung vor dem Tor der Kirche auf, wo sie von der Stammbruderschaft empfangen werden und ein Lied zu Ehren der Jungfrau anstimmen. Die bis in die Nacht hinein andauernde feierliche Parade voller Farbenpracht und Emotion ist sicher einer der spektakulärsten Momente der Wallfahrt.
Am Pfingstsonntag wird um 10:00 Uhr morgens auf dem Platz namens „Real del Rocío“ die bischöfliche Messe abgehalten. Danach ziehen die Bruderschaften in einem Meer aus bunten Kostümen, Blumen und Fahnen zu ihren Häusern, stets begleitet von der typischen Rocío-Atmosphäre, bestehend aus Fröhlichkeit, Gemeinschaftssinn und Verehrung der Jungfrau. Sonntagnacht wird auf dem Platz „El Eucaliptal“ der „Santo Rosario“, der heilige Rosenkranz, gebetet. Der Wagen der Stammbruderschaft von Almonte bildet den Abschluss aller die Wallfahrtskirche passierenden Bruderschaften. Sobald dieser den Altarraum erreicht, findet der berühmte „Salto de la Reja“ statt. Unter wiederholten „Viva la Virgen“- Rufen stürmen die Anwohner El Rocíos und Almontes das Altargitter und tragen die Jungfrau in ihrem goldbestickten Mantel auf ihrem Thron aus der Kirche durch das Menschenmeer. Während des bis zum Montagnachmittag andauernden Umzugs versuchen tausende Menschen, Figur, Umhang oder nur den Sockel der Jungfrau zu berühren, um so deren Segen zu erhalten. Die Féria del Rocío ist heutzutage eine der bekanntesten Marien-Wallfahrten weltweit.
ANREISE
Ab Sevilla über die Autobahn A49, bei Abfahrt 48 Weiterfahrt auf A-483 über Almonte und weiter bis nach El Rocío. (Fahrzeit ab Sevilla ca. 1 Stunde)
Beste Reisezeit: April, Mai (siehe auch Nationalpark Coto Doñana)
Koordinaten: 37º 7′ 50.52″ N / 6º 29′ 5.46″ W
Textquellen:
www.almonte.es
www.rocio.com
www.andalucia.org
Fotos: Isabel Wild